Wenn es unseren Pferden nicht gut geht, achten wir Pferdebesitzer ja gerne auf die Augen. Sind sie dreieckig, trüb, gerötet oder können wir sonst etwas darin erkennen, was auf ein Unwohlsein bei unserem Pferd und mögliche Ursachen dafür hindeutet?
Kann man eigentlich wirklich an den Augen erkennen, wie es einem Pferd geht oder bilden wir uns das nur ein? Eine Studie der Universität Guelph in Kanada hat sich mit diesem Thema beschäftigt.
Wie man Stress an den Augen des Pferdes erkennen kann
Die Studie kam zu dem Ergebnis, dass leicht gestresste Pferde weniger zwinkern und mehr mit den Augenlidern zucken. Somit kann man als Pferdehalter relativ leicht erkennen, welchen Einfluss eine bestimmte Situation auf sein Pferd hat.
Hört sich banal an? Diese Studie, die im August 2019 im Journal Animals veröffentlich wurde, solle die erste sein, die den Zusammenhang zwischen dem Zucken der Augenlider und Stress belegt, der bei Menschen bereits wissenschaftlich nachgewiesen werden konnte.
Was nutzt uns diese Erkenntnis
Viele Pferdebesitzer, Trainer, Therapeuten usw. haben natürlich ein geschultes Auge und können am gesamten Verhalten des Pferdes meist leicht erkennen ob es gestresst ist. Allerdings ist es so, dass man durch die meisten Trainingsmethoden versucht, das natürliche Stressverhalten des Pferdes zu unterdrücken, denn ansonsten wäre der Umgang mit dem Fluchttier Pferd meist ziemlich schwierig. Das bedeutet, dass ein Pferd bestimmte Dinge toleriert, wenn es sie nicht gewöhnt ist, aber nicht unbedingt, dass es nicht trotzdem gestresst ist. Das Pferd hat also gelernt, Stressreaktionen zu unterdrücken.
Natürlich kann man Stress durch Pulsmesser oder anhand des Cortisolspiegels im Blut messen. Diese Methoden sind aber invasiv und können schon an sich Stress beim Pferd auslösen. Die Wissenschaftler wollten aber eine nicht-invasive Methode finden und untersuchten daher die Augen der Pferde auf Hinweise zu Stress.
Die Studie
Insgesamt wurden 33 Pferde verschiedener Rassen leichtem Stress ausgesetzt. Dazu wurde zunächst ein Ball vor das Pferd geworfen, um es zu erschrecken. Danach musste das Pferd einige Minuten ohne Sichtkontakt zur Herde stehen und schließlich wurde das Futter zur Fütterungszeit drei Minuten lang zurückgehalten, während der Rest der Herde bereits fressen durfte. Dabei wurden die Pferde gefilmt und die Wissenschaftler untersuchten die Bewegungen von Augen und Ohren, die Kopfhaltung und die allgemeine Unruhe.
Während der Versuche kamen die Wissenschaftler zu dem Schluss, dass das Zurückhalten des Futters am meisten Stress bei den Pferden verursachte. Dies wurde durch einen erhöhten Puls, Unruhe und Kopfbewegungen bestätigt. Im Gegensatz dazu lösten die Trennung von der Herde und das Erschrecken durch den Ball eine geringe Reaktion aus.
Da es sich bei den Pferden um Reitschulpferde handelte, wiesen die Wissenschaftler darauf hin, dass diese ein Erschrecken sowie die Trennung von der Herde gewöhnt sind, während das Zurückhalten des Futters eine neue Erfahrung war.
Auf den Videos konnten die Wissenschaftler auch die Augen der Pferde beobachten. Während das Futter zurückgehalten wurde, blinzelten die Pferde seltener, dafür zuckten sie mit den Oberlidern. Bei den beiden anderen Tests wurden keine derartigen Reaktionen festgestellt.
Was bringt uns dieses Wissen?
Die kanadischen Wissenschaftler sind der Meinung, dass keine „allwissende“ Methode gibt, die uns alles über den Gemütszustand unserer Pferde mitteilt. Aber das Wissen bezüglich des Zuckens der Augen bei Stress gibt uns ein zusätzliches Werkzeug an die Hand, mit dem wir unsere Pferde besser verstehen können.
Die Studie findest du hier:https://www.mdpi.com/2076-2615/9/8/562