Als Besitzer eines koppenden Pferdes wissen wir leider selbst, mit welchen Vorurteilen man es zu tun hat. Von gehäuften Koliken, „Ansteckungsgefahr“, nicht artgerechter Haltung (unsere Pferde stehen im Offenstall) bis zu Empfehlungen für Koppriemen und OP ist alles dabei.
Dass Pferde, die ein stereotypes Verhalten wie Koppen oder Weben zeigen, auch dümmer als ihre Artgenossen sein sollen, hatte ich allerdings noch nie gehört – bis ich auf eine neue Studie zum Thema Koppen gestoßen bin.
Was weiß man inzwischen eigentlich über das Koppen?
Experten gehen mittlerweile davon aus, dass stereotypes Verhalten durch eine Kombination aus erblicher Veranlagung und nicht artgerechten Haltungsbedingungen entsteht. Dies ist durch verschiedene Studien belegt. Gerade beim Koppen gehen Pferdewissenschaftler davon aus, dass es den Pferden dabei hilft, mit Stress umzugehen. Außerdem scheint es einen Zusammenhang zwischen einem im Magen produzierten Hormon und dem Koppen zu geben, der aber noch nicht genau erforscht ist.
Mehr zu diesem Thema findest du in diesem Artikel: https://pferdegewieher.com/koppen-ist-eine-form-der-stressbewaeltigung
Warum sollten koppende Pferde dümmer sein?
Dies war eine bisher in der Welt der Wissenschaftler eine verbreitete Hypothese, die die meisten Besitzer koppender Pferde aber wohl nicht bestätigen können. Bei unserem eigenen Kopper scheint auch eher das Gegenteil der Fall zu sein – vor allem wenn es um’s Fressen geht . Wissenschaftlich wurde diese Hypothese mit der Sensibilisierung eines spezifischen Bereichs im Pferdegehirn begründet, den Basalganglien. Deren Funktion scheint aber auch noch nicht ganz erforscht zu sein.
Schweizer Wissenschaftler überprüften, ob koppende Pferde wirklich schlechter lernen als nicht koppende Pferde und verwendeten dazu das sogenannte Umkehrlernen, mit dem man die Funktion der Basalganglien überprüfen kann. Koppenden und nicht koppenden Pferden wurden vier verschiedene Lernaufgaben gestellt. Dabei wurde gemessen, wie viele Versuche sie benötigten, um die Aufgabe zu bewältigen. Außerdem wurden der Puls und die Herzfrequenzvariabilität gemessen. Ein wichtiger Aspekt dieser Studie bestand darin, dass die koppenden Pferde weiter koppen durften.
Koppende Pferde sind nicht dümmer als ihre Artgenossen!
Die Wissenschaftler stellten fest, dass die erste Aufgabe die meisten Versuche zur Lösung benötigte. Interessanterweise konnten die Pferde die zweite Aufgabe deutlich schneller meistern. Zwischen den beiden Pferdegruppen, also der koppenden und der nicht koppenden Gruppe, gab es allerdings keine Unterschiede.
Das heißt, die koppenden Pferde benötigten im Durchschnitt nicht wie vielleicht erwartet mehr Versuche als die nicht koppenden Pferde, um die Aufgaben zu lösen. Damit wurde die Hypothese, dass koppende Pferde kognitiv beeinträchtigt sind, widerlegt.
Allerdings halten die Wissenschaftler es für möglich, dass die Leistung koppender Pferde weniger gut ist, wenn sie am Koppen gehindert werden und damit den durch die Aufgaben verursachten Stress nicht abbauen können. Damit scheinen sie ein weiteres Argument für die Empfehlung zu liefern, dass man koppende Pferde einfach koppen und somit ihren Stress abbauen lassen sollte.
Diese Studie wurde ursprünglich im Januar 2019 unter dem Titel „Stereotypic horses (Equus caballus) are not cognitively impaired” im Fachjournal Animal Cognition veröffentlicht.